Wissenschaft

Risiko für Dekubitus: ÄrztInnen haben mehr Pflichten als gedacht

Sowohl Pflegepersonal als auch Ärztinnen und Ärzte haben die Pflicht, einen Dekubitus zu verhindern, wie auch richtig zu behandeln. Dabei ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig, wobei die ärztliche Seite immer die Verantwortung innehat. ExpertInnen kritisieren, dass die Dokumentationspflicht von ärztlicher Seite oft mangelhaft ist, aber auch die Pflege nicht immer die richtigen Präventionsmaßnahmen anwendet, sodass es zum sogenannten Sorgfaltspflichtverstoß in der Pflege kommt. Gutachterkommissionen, die Rechtsprechung und die aktuelle Literatur kommen aber zum Ergebnis, dass immer primär die Ärztin oder der Arzt für die Dekubitus-Entstehung verantwortlich ist; dies zeigen auch zahlreiche gefällte Urteile.
Allerdings gibt es für die Prävention und Therapie von Wundliegegeschwüren keine konkreten ärztlichen Leitlinien, sondern nur Präventionsmaßnahmen nach internationalen Vorgaben (European Pressure Ulcer Advisory Panel = EPUAP) und deutsche Expertenstandards in der Pflege. Die Vorgaben betreffen meist nur die Pflegekräfte, allerdings gibt es auch für die ärztliche Aufsicht Standard-Vorschriften, um Fehler im Krankenhaus, Pflegeheim und im ambulanten Bereich zu vermeiden.
In den Berichten über die Bewertungen einzelner Maßnahmen sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Immer gehört zur systemischen Bewertung des Risikos durch das Pflegepersonal, und Neubewertung nach Änderung der Wundsituation, auch eine Pflegeplanung, beziehungsweise Änderung, zur Prävention von Wunden. ÄrztInnen sind immer verantwortlich für unterlassene Pflege-Maßnahmen und deren Organisation wie Bewegungspläne aufstellen und Weichlagerungsmatratzen auswählen.
Wunddokumentationen in der Pflege sind Pflicht, aber auch ärztliche Dokumentationen von Wundgröße- und tiefe sowie Infektionen, mit einem zwingenden Vorgehen nach Gradeinteilung des Dekubitus (Grad I bis IV), wobei der Schweregrad mit aufsteigender Zahl steigt.
Bei Fehlen von ärztlichen Vorbefunden gilt die Regelung der Beweislastumkehr, die nicht auf Patientenseite liegt. Wird die ärztliche Anordnung einer planmäßigen Dekubitus-Prophylaxe nicht in die Patientenakte eingetragen, liegt die Schuld beim Arzt und dieser muss seine Unschuld dann beweisen, sodass beim Fehlen der Einschätzung des aktuellen Dekubitusrisikos Befunderhebungsfehler entstehen.
Außerdem muss die Pflege den Arzt über eine mögliche Dekubitus-Entstehung informieren. Der Arzt muss daraufhin eine Behandlung anordnen. Im Krankenhaus ist er zur selbstständigen Inspektion der Wunde oder geschädigten Haut verpflichtet. Die Inspektionshäufigkeit richtet sich dabei nach der Wundsituation. Der Arzt muss dann zum Beispiel einen individuellen Bewegungsplan anordnen, individuelle Lagerungsintervalle oder eine Spezialmatratze. Dabei darf er nicht an Kosteneinsparungen denken, weil das Nichtverordnen von teureren Weichlagerungsmatratzen teure Konsequenzen haben kann.
Der Arzt muss zudem auch unverzüglich ein Rezept ausstellen, das dann von der Pflege genehmigt und sofort geliefert werden muss. Eine unverzügliche Zugänglichkeit zum Produkt ist unumgänglich. Die Wundversorgung obliegt zudem dem behandelnden Arzt, der die Verordnung des richtigen Wundmanagements beauftragt und verordnet; auch ist Reaktionsschnelligkeit bei Verschlechterung des Wundliegegeschwürs gefragt, vom chirurgischen Debridement bis zur Krankenhauseinweisung.
Ein Dekubitus des Grades I und II ist nicht immer vermeidbar, wohl aber eines von größerem Ausmaß. Der Expertenstandard macht Vorgaben, dies ist aber allerdings nicht im Rahmen eines vollbeherrschbaren Risikos zu sehen. Eine nachvollziehbare lückenlose Dokumentationspflicht ist Standard, wobei individuelle Risikofaktoren das Dekubitus-Risiko immer erhöhen können. Menschen mit Demenz und im palliativ-medizinischen Bereich bilden eine Ausnahme, da ein Druckgeschwür nicht immer verhindert werden kann.

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